Predigt an Christi Himmelfahrt 2018
Liebe Brüder und Schwestern, als der große Humorist Loriot vor Jahren gefragt wurde, was ihn wohl nach dem Tod erwarte, antwortete er: „Der Himmel, hoffe ich. Ich habe mir meinen Kinderglauben an den lieben Gott bewahrt.“
Der Himmel. Gibt es ihn, den Himmel? Und wenn ja, wie soll man ihn sich vorstellen? Als Ort oder eher als fünfte Dimension, als reine Glückseligkeit? Oder nur als Vertröstung für alle die, die unter den irdischen Lebensbedingungen leiden? Der Himmel. An ihm scheiden sich die Geister. Die Geister der Frommen und der Atheisten, der sogenannten Aufgeklärten und der sogenannten Naiven. Tatsache ist, dass er niemanden kalt lässt, er beschäftigt sie alle. Auch wenn ich alle Argumente berücksichtige, am Ende bleibt es eine Frage des Glaubens, die ich so oder anders beantworten kann.
Wenn Jesus vom „Himmel“ gesprochen hat, dann meinte er damit immer die enge Verbundenheit mit Gott. Himmel ist für ihn kein Ort wie Jerusalem oder Kapernaum. Himmel geschieht, Himmel ereignet sich. Und zwar immer dann und immer da, wo Menschen sich fallen lassen in die Verheißung Gottes; wo Menschen in so enger Verbundenheit mit Gott leben, dass kein Platz mehr ist für Misstrauen, Zweifel, Neid, Eifersucht, Lieblosigkeit, Egoismus, Angst oder Sorge.
Himmel ist da, wo ich nicht mehr frage, ob ich auch nicht zu kurz komme; wo ich spüre, dass für mich gesorgt ist; wo ich frei werde von der Sorge um mich selbst und sehe, was andere brauchen; wo ich aus dieser Fülle heraus teilen kann, so dass es für alle reicht.
Insofern hat Jesus tatsächlich den Himmel auf die Erde gebracht. Gezeigt, wie ein Mensch in vollkommener Gemeinschaft mit Gott leben kann und wie „himmlisch“ das auch für andere ist, für alle die, die sonst nicht gerade den Himmel auf Erden haben: die Kranken, die Armen, die sozial Geächteten, die Außenseiter.
Oft spricht Jesus auch vom Reich Gottes, wenn er diese innige Verbundenheit mit Gott in Worten ausdrücken will. Der Himmel ist ja immerhin ein Bild, dass man sich ausmalen kann – auch wenn man weiß, dass unsere Vorstellungskraft nicht ausreicht, um die Wirklichkeit Gottes zu beschreiben. Aber wir sind nun einmal auf Bilder angewiesen. Und es ist weder naiv noch peinlich, wenn wir unsere tiefste Sehnsucht nach Heimat und Vollendung mit dem alten Bild des Himmels verbinden.
Noch leben wir hier, unter irdischen Bedingungen. Und doch sehen wir auch schon den Himmel immer wieder aufblitzen, wie einzelne Steinchen in einem wunderschönen großen Mosaik, das uns in seiner ganzen Schönheit noch verborgen ist. Jesus hat diese Vollendung schon erreicht; er lebt für immer in der beglückenden Gegenwart des himmlischen Vaters. Darin liegt die Verheißung, dass auch wir vollendet werden, wenn unsere irdischen Wege einmal an ihr Ende kommen – und an ihr Ziel.
Amen.