3. Sonntag im Jahreskreis 2019 – C
Eine Ordensschwester, Schw. Angelina erzählte uns das Folgende: “Ein betrunkener Obdachloser war zur Armenausspeisung unserer Schwesterngemeinschaft zu spät gekommen. Er stand fluchend vor der geschlossenen Klosterpforte und schrie seinen Groll jedem Passanten lautstark nach, gleichgültig ob dieser es hören wollte oder nicht.
„Er wolle nichts von Gott wissen, sondern sein warmes Essen haben“, sagte der Mann. Auch zwei gerade heimkehrende Schwestern wurden mit besonderer Wut und einer Hand voll kleiner Steine empfangen. Nach ein paar Minuten erschien eine der Schwestern wieder vor der Klostertür und brachte dem noch immer fluchenden Mann einen Teller heißer Suppe. Die Hauptspeise müsse sie noch frisch zubereiten, aber sie würde sie gleich bringen. Mit dem Ausruf, er esse keine Suppe, leerte der Obdachlose den heißen Teller Suppe auf die weiße Ordenstracht der Schwester.
Als wäre nichts geschehen, brachte diese nach einigen Minuten die Hauptspeise und anschließend noch ein Stück Torte. Der Mann aß nachdenklich seinen Teller leer, während die Schwester eine offene Wunde an seinem Bein verband. Nach längerem Schweigen wandte sich der Mann mit Tränen in den Augen an die Schwester und sagte: „Schwester, jetzt können sie mir etwas über ihren Gott erzählen“.
Das Hohelied der Liebe aus dem Korintherbrief haben wir in der Lesung gehört. In dieser schwierigen Gemeinde von Korinth hatten sich die Christen gestritten. Einige hielten sich für besser als andere. Paulus wurde von dieser tragischen Spaltung der Gemeinde berichtet. In seinem Brief hatte er die Korinther bisher deutlich ermahnt, diese Spaltung zu überwinden: Die verschiedenen Fähigkeiten der Einzelnen sollten für die Einheit der Gemeinde eingesetzt werden. Alle die verschiedenen Gaben seien Geschenke des Hl. Geistes und gleich viel wert!
Im Hohelied der Liebe versucht Paulus nun auf eine ganz andere Art, den Korinthern zu zeigen, wie sie miteinander umgehen sollen. Es ist ein Gedicht über die Liebe. Was heißt nun Liebe – wie Paulus sie hier beschreibt – im Umgang der Christen miteinander? Liebe ist: den anderen mit seinen Gaben, Fähigkeiten und Entscheidungen zu achten.
Liebe ist: mich in der Gemeinde engagieren, aber nicht, um zu Ansehen zu kommen, sondern zum Wohl der Gemeinde. Da heißt es, manchmal auch zurückstecken.
Liebe ist: nicht Konflikte vermeiden oder zudecken, sondern offen, ehrlich, in aller Ruhe, fair und im gegenseitigen Respekt austragen und Entscheidungen zu respektieren.
Paulus zeigt: Jemand kann noch so fähig sein, jemand kann sich noch so engagiert einbringen – ohne Liebe kann das egoistisch sein und der Gemeinde mehr schaden als nutzen. Das ist menschlich nicht leicht. Paulus hat das gewusst, ja, selbst erfahren. Sicher hat er gehofft, dass sich die Korinther von seinem poetischen Text anrühren lassen.
Wir spüren schließlich selbst, wie dieser Text uns im Innersten berührt. Die Geschichte von der Ordensschwester berührt uns auch sehr. Dieses Berührt-Sein tief in uns kann uns anspornen, diese Liebe auch zu leben. Amen.