4. Fastensonntag 2019 – C
Liebe Freunde, wie mag es Ihnen vorhin gegangen sein, als Sie die ersten Verse des heutigen Evangeliums hörten? Eine Reaktion wie:
„Ach, das kenn ich schon …”, vielleicht aber auch „Wie schön, diese Geschichte wieder einmal zu hören …”?
Kennen wir diese Geschichte wirklich?
Da gibt es noch so vieles zu bedenken, vielleicht sogar Neues zu entdecken, auch wenn sie noch so bekannt ist. Was will uns Jesus wirklich erzählen?
Nun, die Geschichte hat verschiedene Ebenen. Ich weise nur auf eine hin: Da ist Jesus selbst, der durch das Land zieht, das Reich Gottes verkündet, Anhänger gewinnt, die Bewohner seiner Heimatstadt Nazareth provoziert, keine Scheu hat, auf Zöllner zuzugehen, einen sogar in seine Nachfolge ruft und so Schriftgelehrte und Pharisäer gegen sich aufbringt.
Das regt nämlich viele auf: Zuerst müssten die Sünder doch Buße tun, die Umkehr beweisen, bevor ihnen vergeben werden kann.
So denken und fühlen sie. Man weiß schon, dass Gott barmherzig ist. Schließlich kennen die Pharisäer und die Schriftgelehrten ihre Psalmen, die Lieder Israels, z.B. den Ps 51, in dem es heißt: „Erschaffe mir Gott ein reines Herz und gib mir einen neuen beständigen Geist.”
Oder die Botschaft der Propheten wie Jesaja: „Kommt her, wir wollen sehen, wer von uns Recht hat, spricht der Herr. Wären eure Sünden rot wie Scharlach, sie sollen weiß werden wie Wolle” (Jes 1,18).
So wird Gott oft beschrieben: „Jahwe ist ein barmherziger und gnädiger Gott, langmütig, reich an Huld und Treue”.
Diesen barmherzigen Gott verkörpert Jesus in seinem Reden und Tun – und stößt auf Unverständnis und Kritik. Was tut er?
Er rechtfertigt sein Verhalten mit den Gleichnissen vom verlorenen Schaf und von der verlorenen Drachme, sowie mit der Erzählung vom „verlorenen Sohn”.
Aber Jesus will sich nicht nur rechtfertigen.
Er will auch die Schriftgelehrten und Pharisäer gewinnen. Sie sollen sich erkennen in dem älteren Sohn, der beim Vater geblieben ist, in Gemeinschaft mit ihm lebt. Auch auf ihn geht der Vater zu. Auch auf die Gerechten und Frommen, auf die Schriftgelehrten und Pharisäer geht Jesus zu, nicht nur auf die Zöllner und Sünder.
Jesus isst ja nicht nur mit diesen. Seine Tischgemeinschaft gilt allen. Sie ist Zeichen dafür, dass Gott sich allen Menschen zuwendet, Sündern wie Frommen.
Wie so oft im Evangelium bleibt der Ausgang der Geschichte offen:
Lukas erzählt nicht, wie die Pharisäer und die Schriftgelehrten auf die Geschichte reagiert haben, die Jesus ihnen erzählt. Das liegt dann bei uns – diese Geschichte mit unserem Leben zu Ende zu erzählen.
Mit einer Frage möchte ich nun schließen: Wie geht es Ihnen mit dieser Botschaft Jesu vom barmherzigen Gott? Sind Sie froh darüber?
Wie aber, wenn von uns die gleiche Barmherzigkeit anderen gegenüber erwartet wird? Schließlich sagt Jesus:
„Seid barmherzig, wie es auch euer Vater ist”. Amen.
Das Gleichnis vom verlorenen Sohn ist eine wunderschöne Geschichte, die uns Jesus erzählt. Sie zeigt uns das echt christliche Gottesbild. Gott ist nämlich wirklich der barmherzige Vater. Der verlorene Sohn kehrt um zu seinem Vater und wird nicht abgelehnt, sondern freudig aufgenommen. Er bereut seine Sünden und bittet Gott um Vergebung. Auch wir brauchen immer wieder die Vergebung Gottes. Ich darf sie daher in dieser Predigt erinnern an die Osterbeichte. Wir brauchen keine Angst haben umzukehren. Gott wird uns nie abweisen. Er steht immer mit ausgebreiteten Händen vor seinem Haus, um uns mit Freude zu empfangen. Meine Predigt hat wieder drei Teile.
Erstens möchte ich ihnen eine wahre Begebenheit erzählen. Andreas Englisch schreibt in seinem Buch „Die Wunder von Johannes Paul II.“ eine interessante Begebenheit. Ein Bischof besucht einmal den hl. Vater. Auf den Weg dorthin im Vatikan begegnet er einem Bettler, in dem er überraschenderweise einen Priester erkennt, den er selber geweiht hat. Er erzählt dieses schockierende Erlebnis dem hl. Vater Johannes Paul II. Dieser sagt zu ihm, er soll diesen Mann am nächsten Tag zum Mittagessen mitnehmen. Nach dem Mittagessen wollte er mit dem Bettler, dem abgefallenen, sündigen Priester, allein sein. Als sie dann zu zweit in einem Zimmer waren, sagte er zu ihm: „Ich möchte bei dir beichten!“ Der Bettler antwortete erschüttert darauf. „Das geht doch nicht. Ich bin ein abgefallener Priester.“ „Du bist Priester auf ewig und ich gebe dir die Erlaubnis.“, sagte der Papst. Er beichtete bei ihm und dies war der Anfang einer Bekehrung. Auch wenn diese Begebenheit vielleicht nicht 100% zu unserem Gleichnis passt, weil der barmherzige Vater nichts zu beichten hat, weil er Gott ist, weil Gott ganz heilig ist, kann sie uns trotzdem helfen, einen Aspekt des Gleichnisses besser zu verstehen, und zwar ist das der zweite Teil.
Was ist die Sünde des verlorenen Sohnes? Ist es das Weggehen vom Vater? Aber früher oder später hätte er weggehen müssen, denn er ist der jüngere Sohn und es war klar, der ältere übernimmt den Hof und der Jüngere wird ausbezahlt. Und was er mit seinem Geld macht, ist doch seine Sache? Dass er alles verschleudert ist tragisch, aber muss nicht unbedingt Sünde sein, und dass eine Hungersnot kommt, dafür kann er auch nichts. Die schwere Sünde ist meines Erachtens der Stolz. Nicht nur, dass er zugibt, sich von Gott, vom Vater, entfernt zu haben, sondern die Demut umzukehren, sich helfen zu lassen, ist das Große, das er vollbringt. Und so ist das bei unserer wahren Begebenheit auch: Das Beichten des Heiligen Vater bei diesem Priester ist das Große, das große Zeichen der Demut, das Vorbild für den Priester, das ausschlaggebend war. Der Stolz könnte im Prinzip die Sünde des zweiten Sohnes sein, wenn er sich nicht mitfreut. Damit bin ich beim dritten Teil.
Wenn der andere Sohn nicht hineingeht, dann hat er im Prinzip die gleiche Sünde: diesen Hochmut! Wie viele Sünden können auf unseren Stolz zurückgeführt werden, auf das eigene „Ich“, das sich immer in den Vordergrund schiebt? So lassen wir uns in der Not nicht helfen, weil wir meinen, wir schaffen es alleine. Wir können uns doch nicht von jemandem anderen aus dem Sumpf herausziehen lassen. Es geht sicher ohne fremde Hilfe. Aber letztlich müssen wir diese Demut aufbringen. Jesus Christus hat deswegen unsere Schuld am Kreuz gesühnt. Wir müssen uns von ihm helfen lassen. Wir können uns nicht selbst erlösen, sondern wir sind angewiesen darauf, dass Gott seinen Sohn sendet und uns entgegenläuft. Ja, es ist eigentlich so, dass der barmherzige Vater nicht nur vor seinem Haus wartet, sondern uns sucht, wie beim verlorenen Schaf. Lassen wir uns finden und uns zurücktragen! Aber zumindest „finden lassen“ müssen wir uns. Noch besser uns aufmachen, im Beichtstuhl bekennen und ein Fest feiern. Amen.
Sündenbock gesucht
Die
Erzählung von der Heilung des Blindgeborenen wirft zunächst die Frage auf: Wer
ist schuld an seiner Blindheit? Die eigentliche Herausforderung ist aber das
Erkennen der Messianität Jesu, für die Pharisäer jedoch blind bleiben.
Wer ist schuld?
Unsere
heutigen Sonntagstexte geben die Möglichkeit beim Evangelium zwischen Lukas und
Johannes auszuwählen. Heute soll der Blick auf die Stelle des Johannes-
Evangeliums gerichtet sein. Es befasst sich unter anderem auch mit der ganz
schwierigen Frage: „Wer ist schuld am Unfall, an Krankheit etc.?” Wer ist
schuld am Absturz der Boeing 737 über Äthiopien, wer ist schuld an einer
missglückten Herztransplantation, wer ist schuld an der Bluttransfusion, die
von Malaria durchseucht war? Nichts gegen Ursachenforschung, die ist sogar sehr
wichtig und soll auch durchgeführt werden, aber alles dagegen jemanden Schuld
umzuhängen, am besten dem, der sich dagegen nicht wehren kann.
Das ist Sündenbockmentalität, die wir schon aus dem Alten Testament kennen.
Diese Sündenbockmentalität spielt in der jüdischen Liturgie eine wichtige
Rolle. Ein Bock wurde symbolisch beladen mit den Sünden des Volkes Israel in
die Wüste geschickt, um die jährliche Versöhnung zwischen Gott und den Menschen
darzustellen.
Sünde heißt von der Liebe Gottes sich bewusst abzusondern, was letztlich zu
Unglück und Leid führt. Zu diesen Themen wurden schon ganze Bibliotheken
verfasst ohne letztgültige Antworten. Auch dieser Abschnitt des Johannes-
Evangeliums befasst sich mit dieser Frage und auch damit: Sind wir nicht sehr
oft sehr rasch zur Hand mit Schuldzuweisungen? Auch hier wieder: Wer hat
gesündigt? Somit heimlich und versteckt gefragt: Waren es doch nicht die Eltern
für deren Schlechtigkeit der blinde Sohn zu büßen hat? Im Buch Ijob eine
ähnliche Fragestellung durch die Freunde nach all dem, was Ijob an Unglück
passiert ist: Hast du nicht doch irgendetwas angestellt?
Mit der Ursachenforschung: Wer ist schuld an Krankheit und Leid verbinden sich sehr oft Spekulationen, die vom eigentlichen Thema des heutigen Evangeliums wegführen. Es geht ums Sehen, Erkennen und um Glauben, somit um Vertrauen. Es ist doch merkwürdig, dass die Antwort Jesu auf die Frage: „Wer ist schuld an seiner Blindheit?“ von den Pharisäern nicht zur Kenntnis genommen wird, weil sie seine Messianität leugnen. „Weder er noch seine Eltern haben gesündigt, sondern die Werke Gottes sollen an ihm sichtbar werden.“ (Joh.9,3). Stattdessen setzen die Pharisäer auf Sanktionen, von Vertrauen, Glauben, Erkennen keine Spur. Die Pharisäer erkennen nicht, dass sich Jesus durch den Blinden offenbart.
Heilsbotschaft
Ja, der
österliche Glaube ist herausfordernd, in der Gegenwart besonders, wo sich
Strömungen zeigen, die Religion nicht nur wegwünschen, sondern bekämpfen. Die
christliche Botschaft will Heilsbotschaft und nicht Schreckensnachricht sein
bis hin zu dem bereits zitierten Spruch „Auch kleine Sünden bestraft der liebe
Gott sofort“. „Da muss ein Wunder geschehen“ hören wir oft, wenn sich
verworrene, aussichtslose Situationen, auch Krankheiten ganz anders entwickeln
als wir uns das vorstellen. Allzu oft bleibt aber das Wunder des Glaubens, des
Vertrauens, außer Acht. Der Heilungsprozess in dieser Welt geschieht hier und
jetzt. Gefragt ist unsere Mitarbeit, unser Tun und unser Vertrauen. Das alles
gehört zusammen. Fehlen sollten aber nicht die Tugenden der Klugheit und des
Weitblicks.
4. Sonntag der Fastenzeit, LAETARE, gute Chancen mit diesen Texten in unser
Inneres zu blicken, ins Innere zu gehen, um in der Erkenntnis Gottes
voranzuschreiten. Das wünsche ich Ihnen für diesen österlichen Festkreis.
4. Fastensonntag 2019 C
Wie und wer ist Gott? Das zeigt uns Jesus sehr schön im Gleichnis vom verlorenen Sohn oder besser vom barmherzigen Vater. Es wird uns ein Gottesbild vermittelt, das uns besonders 3 Wesensmerkmale Gottes erkennen lässt.
1. Gott ist ein liebender Gott, der uns Menschen ebenfalls die Möglichkeit zu lieben geschenkt hat und deswegen in Freiheit erschaffen hat, der uns die Freiheit in unserem Handeln lässt und der möchte, dass wir ihn in Freiheit lieben. Er ist ein Gott, der keinen Menschen zwingen wird, ja der keinen Menschen zwingen kann. So lässt der barmherzige Vater seinen Sohn ziehen. Er gibt ihm sogar seinen Anteil am Erbe mit. Er zahlt es ihm schon im Voraus.
Immer wieder kommt die Frage. Warum lässt Gott das Übel zu? Warum gibt es die Sünde? Warum ist die Welt so böse? Warum sündigt der Mensch? Es gibt nur eine Antwort: Gott zwingt keinen zum Guten! Wir sind frei! Gott möchte, dass wir ihn in aller Freiheit lieben. Liebe mit Zwang gibt es nicht und daher kann der Mensch diese Freiheit missbrauchen. Der jüngere Sohn ist frei. Er verlässt das Vaterhaus. Er begibt sich auf den Weg der Sünde.
2. Das nächste Wesensmerkmal Gottes ist seine Langmut, seine Geduld, (die ich letzten Sonntag bereits erwähnt habe, als wir das Gleichnis vom Feigenbaum hörten, der noch ein Jahr die Möglichkeit bekam, Frucht zu bringen.) So hat auch hier der barmherzige Vater Geduld. Er wartet sehnsüchtig auf seinen Sohn. Es heißt, er sah ihn von weitem kommen. Was bedeutet das? Er stand nicht zufällig gerade an diesem Tag vor der Tür und sah ihn gerade zurückkehren. Nein, der Vater stand wahrscheinlich jeden Tag lange Zeit vor seinem Haus und hoffte auf die Rückkehr des Sohnes. Es war ein geduldiges Warten. So wartet Gott auch auf jeden Sünder. Er wartet geduldig, dass er umkehrt, dass er wieder zu ihm zurückkehrt.
3. Das dritte Wesensmerkmal Gottes ist die Barmherzigkeit! Gott ist der barmherzige Vater, der niemanden zurückweisen wird, wenn er seine Sünden bereut. Wir wissen, dass Gott uns wieder aufnimmt, wenn wir umkehren, wenn wir bekennen, dass wir gesündigt haben. Reumütig kehrte der verlorene Sohn um und bat demütig, dass er als Knecht angenommen wird.
Aber bis zu diesem Schritt war es ein langer Weg. Tief musste er fallen, bis er dann von der Gnade Gottes doch noch „erwischt“ wurde, bzw. bis er bereute. 3 kleine Wunder sind da geschehen.
1. Der verlorene Sohn dachte nach über den Vater. Er ging in sich und sehnte sich zurück nach dem zuhause. „Denen daheim geht es besser.“ Wie viele verschwenden in der heutigen Zeit keinen Gedanken an Gott. Nehmen wir die regelmäßige Sonntagsmesse ernst? Oder gehen wir nur, wenn wir dazu aufgelegt sind? Wenn man müde ist, bleiben viele lieber im Bett. Es ist dies ein Zeichen, dass uns Gott wenig wichtig ist, dass wir zu wenig nachdenken.
Das zweite Wunder ist dann, dass Gott ihn auch aufbrechen lässt. Es bleibt nicht nur beim Gedanken, sondern es folgt auch die Tat. Bei wie vielen bleibt es nur beim guten Vorsatz: „Jetzt muss ich doch einmal wieder beichten gehen.“ Aber die Tat fehlt. Der verlorene Sohn bricht wirklich auf und geht zu seinem Vater zurück.
Das dritte Wunder ist dann das persönliche Bekenntnis. Der verlorene Sohn öffnet nun auch seine Lippen und bekennt sich zu seinen Sünden. Er sucht keine Ausreden. Nein, er will sogar Sühne leisten. Er will seine Sünden wiedergutmachen: Mach mich zu einem deiner Tagelöhner. Ich bin in deiner Schuld und will Buße tun.
Ein schönes Gottesbild wird uns also im heutigen Gleichnis vermittelt. Gott schenkt in seiner großen Liebe uns die Möglichkeit ihn in Freiheit zu lieben. Er wartet sehnsüchtig mit Geduld auf die Umkehr und Gott ist barmherzig. Zu diesem Gott dürfen wir beten. Er ist wirklich der barmherzige Vater, zu dem wir immer kommen dürfen. Amen.