11. Sonntag im Jahreskreis

Neulich habe ich auf YouTube einen Kurzfilm mit dem Titel „One Minute Fly“ gesehen. Es geht dabei um eine Fliege, deren Lebenszeit 1 Minute beträgt. Natürlich will auch sie sich ihre Lebensträume erfüllen und ihre Todo-Liste ist lang. So vieles hat sie zu tun, so vieles will oder muss sie erledigen und so fliegt sie – zunehmend gestresst – von Aufgabe zu Aufgabe. Am Ende ihres Lebens, am Ende des Films hat sie alle ihre Vorhaben erledigt. Ob sie aber in all dem Stress glücklich geworden ist, bleibt offen.

So mancher kann sich in diesem Film und in der dargestellten Fliege wiederfinden.

Da hetzt man von Termin zu Termin,

da ist man versucht, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun,

da beaufsichtigen Eltern neben ihrer Arbeit in Haushalt und eigenem Homeoffice zuhause den häuslichen Unterricht ihrer Kinder. Man will so viele Ziele erreichen – für sich selbst, für die Kinder, den Chef, die Eltern und Freunde, eine gute Sache …

Damit alles funktioniert, gibt es Zeitpläne, die möglichst strikt eingehalten werden sollen. Engagierten Menschen packen fleißig mit an, Menschen investieren Zeit, Leidenschaft, Fantasie und Energie, um möglichst viel zu erreichen.

Wie wohltuend anders klingen da die Worte des heutigen Evangeliums, die uns zur Gelassenheit einladen: „Die Erde bringt von selbst ihre Frucht“ (V 28). Sei gelassen.

Und wohl niemand käme auf die Idee, am grünen Spross einer jungen Pflanze zu ziehen, damit sie schneller nach oben kommt, damit sie schneller wachse. Denn damit würde man der Pflanze den Halt nehmen und sie so ihrer Zukunft berauben.

Natürlich wissen wir, dass die Pflanze nicht ganz von alleine wächst. Sie braucht Nährstoffe aus dem Boden, Wasser, Sonne usw. Sie wächst nach dem Plan, der ihr vom Schöpfer zugedacht wurde. Trotz aller Forschung bleibt das doch immer noch ein Geheimnis.

Wir alle wissen, dass in einem Samenkorn unter der Erde so viel mehr geschieht als wir sehen können und wenn wir uns die Zeit nehmen und mit ein wenig Abstand auf Menschen, Situationen schauen, dann entdecken wir Gleiches auch dort: So mancher Satz, den Eltern ihren Kindern sagen, scheint erst dann Frucht zu tragen, wenn die Hoffnung schon aufgegeben wurde.

Lassen wir uns darum heute einladen, mit Gelassenheit und Geduld und mit noch viel mehr Vertrauen das Unsere zu tun, und lassen wir uns davon beschenken, dass da einer ist, der wachsen lässt, der Dinge sich zum Guten entwickeln lässt, der aus kleinen Dingen Großes werden lässt, der Totem Leben einhaucht und spätestens am Ende unseres Lebens alles zum Guten führt.

Mit einem Gebet von Reinhold Niebuhr möchte ich die Gedanken zum EVM abschließen: Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, / den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, / und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

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