4. Fastensonntag
Zu unserem Leben gehören sogenannte „Schlüsselerlebnisse“. Das können negative Erfahrungen, die uns in gewisser Weise Türen schließen, weil es zu Enttäuschungen kommt, die manchmal fast der Vertreibung aus dem Paradies gleichen. Und es können positive Erlebnisse sein, die uns ganz neue Räume eröffnen. Auf dem Weg hin zu Ostern haben wir heute im Evangelium so einen „Schlüssel“ geschenkt bekommen. Diese Erzählung finden wir nur im Evangelium nach Lukas. Sie ist so typisch für Jesus, der in guter orientalischer Weise so „Frohe Botschaft verkündet.
Im Bild dieser Erzählung ist der mütterlich-väterliche Gott der Vater zweier Söhne. Schon gleich am Anfang wird ein besonderer Charakterzug Gottes deutlich, indem der Vater dem Wunsch seines jüngeren Sohnes erfüllt: Er zahlt ihm den ihm zustehenden Erbteil schon zu seinen Lebzeiten aus. Er lässt ihm seinen Weg in voller Freiheit gehen. Und das ohne Diskussion, ohne das wieder ausreden wollen, und auch ohne: „Du brauchst dich nicht mehr bei mir blicken lassen.“
Es ging schief und ganz tief unten (für jüdische Ohren geht es nicht schlimmer als Schweinehüten) da erinnert sich der Sohn an seinen Vater. Es ist wie ein letzter Strohhalm, an den er sich klammert, ein kleiner Lichtspalt Hoffnung. Und er traut sich heim.
Und der Vater? Sieht ihn schon von Weitem kommen und läuft ihm entgegen. Ohne ihn noch mehr Demütigen, nimmt er ihn voll Freude auf. Er schenkt ihm seine alte Würde wieder. Dafür steht im Bild das beste Gewand und der Ring. Und er organisiert ein Fest: „Denn dieser, mein Sohn, war tot und lebt wieder; er war verloren und ist wiedergefunden worden.“
Ist das nicht unglaublich? So ist unser Gott, an den wir glauben dürfen? Kann ich so an Gott glauben? Hat dieses Gleichnis schon mein Herz aufgeschlossen? Hat es wie ein Schlüsselerlebnis meinem Leben neue Perspektive gegeben?
Oder finden wir uns eher im älteren Sohn wieder? Er ist schon brav, erfüllt seine Pflichten, tut seine Dienste. Und dann macht er das seinem Vater auch noch zum Vorwurf. Er ist voller Neid und Zorn.
Und auch da wieder „Gott“ in der Erzählung der Reaktion des Vaters: Er geht raus zu seinem Ältesten, der nicht zur Feier hineingehen will. Er redet mit ihm, redet ihm gut zu, lässt ihn aber auch zu Wort kommen, hört sich seinen Frust und Ärger an. Und da mittendrin kommt ein weiteres Schlüsselwort: „Mein Kind, du bist immer bei mir und alles, was mein ist, ist auch dein.“
Diesem Kind wird auch eine neue Perspektive eröffnet.. Der Vater wollte gar nicht, dass er sich nur als Diener sieht, sondern dass sie zusammenarbeiten und sich was gönnen kann, ohne zu fragen oder auf die Erlaubnis warten zu müssen.
Und stimmt das wirklich? Kann ich den Worten Jesu, wie er in diesem Gleichnis von Gott erzählt, trauen, vertrauen, Glauben schenken, als Geschenk annehmen?
Dazu wurde uns in der ersten Lesung die Erfahrung des Volkes Israel dazugelegt: Gott erfüllt, was er versprochen hat: Sie kommen im gelobten Land an, befreit aus der Sklaverei Ägyptens nach den langen Jahren durch die Wüste. Das Manna, das sie auf dem Weg täglich zum Überleben bekommen haben, brauchen sie jetzt nicht mehr. Das neue fruchtbare Land ernährt sie.
Ich wünsche uns von Herzen, dass wir dieses Gleichnis einfach annehmen wie ein Geschenk, dass wir Gott, uns und unser Leben im Licht der Liebe Gottes sehen können. Werden wir selber zum Schlüssel, gewinnen wir einen neuen Blick auf Gott, geben wir unserem Leben eine neue Perspektive. Leben wir aus dieser Liebe Gottes zu seinen Kindern.